Die Franziskaner im Rheinland

Die Dissertation "Die Franziskaner im Rheinland 1875-1918 (Franziskanische Forschungen Heft 38), Werl/Westfalen 1992 entstand am Lehrstuhl IV des Historischen Seminars der Universität Düsseldorf bei::

Prof. Dr. Christoph Weber



Bucheinband Franziskaner im Rheinland

Inhalt:

Die Arbeit untersucht das Leben und Wirken der Franziskaner der Sächsischen Franziskanerordensprovinz in einem umgrenzten kirchlich-politisch-geographischen Raum. Infolge der Kulturkampfgesetzgebung wurden 1875 die Klöster der Franziskaner im Rheinland (Erzbistum Köln) aufgelöst. Während des Exils verlagerte die Ordensprovinz ihren Lebens- und Tätigkeitsbereich ins benachbarte Ausland und nach Nordamerika. 1887 konnten die aufgelösten Konvente - vor allem durch die Vermittlung des Fuldaer Bischofs Georg Kopp bei den zuständigen Regierungsbehörden - wieder übernommen werdne. Zwischen 1887 und 1918 erfreuten sich die Franziskaner bei den staatlichen Behörden einer wachsenden Beliebtheit. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges konnten im Rheinland weitere Klöster eröffnet werden. Die Staatsbehörden hielten für die Genehmigung der Gründungen das Scheinargument der Abwehr sozialdemokratischer Bestrebungen durch die Ordensleute aufrecht; tatsächlich relevant war hingegen der Bedarf in der Seelsorge. Politisch unterstüzten die Ordensleute die Zentrumspartei.

Die Sächsische Franziskanerprovinz rekrutierte ihr Personal hauptsächlich aus den ländlichen Unter- und Mittelschichten des Rheinlands und Westfalens. Wie bei anderen Orden konnte seit 1890 ein starkes Anwachsen der Mitgliederzahl verzeichnet werden. Die Patres absolvierten ihre Ausbildung im ordenseigenen Kolleg und am Provinzstudium. Die Laienbrüder traten mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung in die Provinz ein. Eine Karriereplanung im Orden war nicht möglich, da der Ordensaufbau - gemäß Regel und Konstitutionen - keine Herausbildung von Führungsgruppen über einen längeren Zeitraum zuließ. Dadurch fehlten dem gesamten orden spezifische Tätigkeitsmerkmale. Für die Franziskaner war daher das weite Feld der Aushilfe in der Seelsorge charakteristisch.

Im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert wurde vor allem bei dem den Mendikantenorden eigenen Armutsgebot deutlich, daß sich im Industriezeitalter ein völliger Verzicht auf den Geldumgang nicht mehr verwirklichen ließ, obwohl sich die Franziskaner darum bemühten. Hier kollidierten kirchen- und zivilrechtliche Bestimmungen, wie z.B. bei der Gründung einer GmbH.

Im Bereich der Studien und den Wissenschaften erlebten Orden und Provinz ab 1870 einen starken Aufwind. Durch die Initiative einzelner Provinzialminister wurde die Beschäftigung mit der eigenen Geschichte gefördert, wobei eine Übertragung der ursprünglichen franziskanischen Ideale auf die Gegenwart nicht stattfand, wie der Einsatz der Franziskaner im Ersten Weltkrieg an der Front und in den Lazaretten zeigte. Eine patriotische Begeisterung ergriff auch den Orden, der sich darin nicht von der Mehrheit der Bevölkerung unterschied. Der Lebensrhythmus der Häuser wurde durch die Kriegseinwirkungen kaum verändert.